Ruhpolding - oder wie sich Familienurlaub und Fliegenfischen ideal verbinden lassen

Schönerweise zeichnet sich der Mai durch eine ganze Reihe langer Wochenenden aus. Da stellt sich unweigerlich irgendwann einmal die Frage, ob man die viele Freizeit für einen Kurzurlaub im Familienkreis nutzt - oder doch lieber für ausgedehntes Fliegenfischen. Für uns sollte es diesmal beides sein! Stellt sich nur die Frage, wo man die unterschiedlichen Vorlieben der drei beteiligten Generationen unter einen Hut bringt... Nach einiger Recherche hatten wir im Ortnerhof in Ruhpolding den idealen Kompromiss gefunden: Sich selbst als "Wohlfühlhotel" bezeichnend, verspricht der Ortnerhof Pool und Wellnessbereich, gute bayerische Küche, einen direkt nebenan gelegenen Golfplatz - und zwei exklusive Fischwasser, an denen jeweils nur maximal fünf Angelkarten pro Tag ausgegeben werden.

Der Ortnerhof am Fuße des Rauschberges. Ein echtes Idyll!

Bei den Gewässern handelt es sich einmal um die Urschlauer Ache, die etwa 3 km oberhalb des zu Ruhpolding gehörenden Weilers Urschlau entspringt und nach 12 km mitten in Ruhpolding in die Weiße Traun einmündet. Der zum Ortnerhof gehörende Privatabschnitt erstreckt sich über die letzten fünf Kilometer von der Mündung bis zu einer Brücke im Ortsteil Brand. Gut die erste Hälfte der Strecke läuft mittden durch Ruhpolding und ist immer wieder von Gebäuden und Infrastruktur gesäumt, während die kleinere zweite Hälfte etwas romantischer in einem Waldtal liegt. Die Tageskarten kosten 40 Euro und obwohl es bei den mit der Karte ausgegebenen Richtlinien heißt, dass Vorschriften, Schonzeiten und -maße des BayFiG und der AVBayFiG Anwendung finden, gilt ganz explizit reines Catch & Release - da würde mich durchaus mal interessieren, wie sich das (auch z.B. der unteren Fischereibehörde gegenüber) abbilden lässt... Wie dem auch sei: Wir haben die Urschlauer Ache einen guten halben Tag lang befischt. Gegen 9:00 haben wir etwas unterhalb der oberen Grenze begonnen und uns in wunderbarer Bachlandschaft nach oben vorgetastet. Das erstaunliche dabei: Trotz höchster Vorsicht und glasklaren Wassers haben wir dabei nicht einen einzigen Fisch entdecken können!

Die Urschlauer Ache im Oberlauf. Ein wunderschöner Wildbach!

Nach knapp zwei Stunden haben wir diesen ersten Versuch abgebrochen und sind zum unteren, im Ort gelegenen Streckenteil gefahren. Geparkt haben wir diesmal in der Nähe der Eissporthalle, um uns von dort am Ufer entlang hangelnd flussab fortzubewegen. Schönerweise sahen wir dabei schon nach kurzer Zeit die ersten Fische, was Hoffnung auf eine etwas vielversprechendere Fischerei erlaubte. Das sollte sich dann auch bald bewahrheiten: Mitten im Ort, an einer nicht übertrieben romantischen Stelle unterhalb einer das Ufer befestigenden Mauer fanden wir wohl den Pool, der andernorts im Internet schon als "Aquarium" bezeichnet wurde. Und in der Tat: Der in der Außenkurve unterhalb der Mauer gelegenen Gumpen beherbergte eine ganze Reihe stattlicher Bach- und Regenbogenforellen, die erfreulicherweise alle reges Steigverhalten zeigten. Wir haben uns also ein paar Meter voneinander entfernt am gegenüber liegenden Ufer aufgestellt und leicht stromauf Trockenfliegen serviert. Nach nur wenigen Würfen hatten wir dann den Dreh raus: kleine Mückenimitate, Midges und Gnats, brachten uns die Fische ans Band. Eine schöne Fliegenfischerei, die uns die ersehnten Erfolgserlebnisse brachte und uns mit dem etwas enttäuschenden Vormittag wieder versöhnte. Letztendlich hatten wir einen schönen Angeltag, für den wir aber nicht verreisen hätten müssen. Die überschwänglichen Lobeshymnen, die man im Netz teilweise finden kann, können wir jedenfalls nicht vollständig teilen. Beispielsweise bin ich mir sicher, dass es sich bei den (durchaus schönen und gesunden!) Fischen, die wir fangen konnten, nicht ausschließlich um Naturbesatz gehandelt hat. Wer aber nicht oft das Vergnügen hat, an einem alpinen Bach fliegenfischen zu können, wird durchaus auf seine Kosten kommen.

Fischen im "Aquarium". Trotz glasklaren Wassers lassen sich hier schöne Forellen mitten im Ort auf Trockenfliege fangen.
Auch hier befindet man sich eigentlich schon mitten in Ruhpolding - es fühlt sich aber nicht so an.

Der zweite Fluss, für den man über den Ortnerhof Tageskarten beziehen kann, ist die Weiße Traun, die im Ruhpoldinger Ortsteil Laubau aus dem Zusammenfluss von Fischbach und Seetraun entsteht und zusammen mit der Roten Traun den Quellflus der (deutschen) Traun bildet. Normalerweise verbindet man die Weiße Traun eher mit dem Eisenärzter Forellenhof oder den berühmten Strecken von Rudi Heger, aber offenbar gibt es ein Abkommen zwischen Ortnerhof und Forellenhof, dass es Ortnerhofgästen erlaubt, ca. 3 km des Flusses exklusiv zu befischen. Wieder kostet die Tageskarte 40 Euro, nur dass diesmal 10 Euro Pfand für einen Fischmarker dazu kommen. Fängt und entnimmt man einen Fisch im Fenstermaß (wenn ich mich richtig erinnere: 30 cm bis 38 cm, oder so ähnlich), muss man, genau wie bei den Hegerstrecken, den Marker am Fisch anbringen und das Fischen einstellen. Fängt bzw. entnimmt man keinen Fisch bekommt man sein Pfand bei Rückgabe des Markers zurück. Die Weiße Traun führt deutlich mehr Wasser als die Urschlauer Ache und ist entsprechend breiter - aber nicht minder klar. Dabei stört es zumindest mich auch nicht wirklich, dass der Flussabschnitt, der Ruhpolding von Süden nach Norden durchfließt, aus Hochwasserschutzgründen in ein kanalisiertes Bachbett gezwängt wurde. Man sieht nämlich, dass innerhalb der seitlichen Befestigungen Bemühungen statt gefunden haben, ein möglichst naturnahes Flussbett sicherzustellen. So findet man reichlich Kolke und Gumpen, Sohlrampen statt harten Wehren und abwechslungsreiche Sandbänke. Der Gewässergrund wiederum besteht ausschließlich aus Geschiebe und weist, zumindest in dem Teil, den wir begangen haben, keinerlei schlammige Stellen auf. Es scheint also, dass Hochwasserschutz und Flussnatur eine halbwegs brauchbare Symbiose eingegangen sind.

Die Weiße Traun nahe des Ortnerhofs. Trotz "Zähmung" versucht man einen halbwegs wilden Fluss zu erhalten.

Wir haben auch die Weiße Traun etwas mehr als einen halben Tag befischt, und zwar von ca. 12:00 bis ca. 17:00. Schon am Einstieg, der Brücke südlich des Ruhpoldinger Ortsteils Grashof, standen zahlreiche Fische am Fuße einer Sohlrampe und stiegen fleißig nach wieder den gleichen kleinen Mücken wie schon am Vortag. Erneut vorsichtig mit der 5er Rute und dem 16er Vorfach stromauf gefischt konnte ich innerhalb kurzer Zeit einige tolle Bach- und Regenbogenforellen verhaften. Dies sollte sich im Lauf des Tages beinahe ungetrübt fortstetzen, bis hin zu einer wirklich guten Regenbognerin, die mir tatsächlich flussauf ins Backing gegangen ist! Für mich war dieser Tag definitiv eine Sternstunde der Trockenfliegenfischerei, nicht zuletzt, weil alle Fische kerngesund, wunderschön gefärbt, nicht leicht zu überlisten und sehr kampfstark waren - ein echter Traum.

Am Fuße der Sohlrampen stehen die Fische teilweise dicht an dicht.
Eine der wunderschönen Regenbogenforellen aus der Weißen Traun.

Einziger Wermutstropfen war zwischendurch ein ca. 500 m langer Abschnitt östlich der lokalen Aldi-Filiale, in dem wegen des Grashofer Wehres nur noch eine kümmerliche Restwassermenge über das ausgetrocknete Kiesbett gerieselt ist. Ein anschauliches Beispiel für die negativen Auwirkungen der Wasserkraft! Nur gut, dass der am Wehr ausgeleitete Wasseranteil eben nach 500 m wieder in den Hauptfluss eingeleitet wird. Da parallel auch noch der Windbach von Osten her zufließt, ist die Weiße Traun ab dort wieder ein anständiger Fluss, in dessen glasklaren Wasser in traumhafter Umgebung auf wunderschöne Fische geangelt werden kann.

Das Grashofer Wehr. Ab hier ist die Weiße Traun für ca. 500 m nur noch ein trauriges Rinnsal. 

Für die nichtfischenden Familienmitglieder bietet sich, wie eingangs schon erwähnt, beispielsweise das Planschen im Innenpool des Ortnerhofs an. Oder, falls man ein Faible dafür hat, das Golfen auf dem landschaftlich tollen 18-Loch-Platz des Golfclubs Ruhpolding. Wem lieber der Sinn nach Bergerlebnissen steht, findet zahlreiche Wandermöglichkeiten, bzw. für ganz junge oder ganz alte Zeitgenossen die Rauschbergbahn, die vom Taubensee (an dem man anscheinend auch ganz gut auf Salmoniden, Raub- und Friedfische Fliegenfischen kann) auf den 1671 m hohen Rauschberg führt. Und für Schlechtwettertage gibt es eine Reihe netter Mussen, z.B. das Holzknechtmuseum oder das in Siegsdorf - direkt neben Rudi Heger gelegene - Mammutmuseum. Kurzum: Wir sind einhellig der Meinung, dass Ruhpolding ein sehr schöner Flecken Erde ist, und das sich gerade im Ortnerhof ein entspannender Familienurlaub ideal mit einem ansprechenden Fliegenfischer-Trip verbinden lässt. Kann gut sein, dass wir wiederkommen. ;)

Der Ortnerhof (in der Bildmitte), Ruhpolding und die Weiße Traun vom Rauschberggipfel aus gesehen.

Kommentare